In unserer Beratung erleben wir immer wieder genau dies – und nicht nur in unserer Beratung, sondern auch in unserem eigenen Leben, mit Familie, Freunden, Kollegen und nicht zuletzt mit uns selbst. Sogar auch in unserer Beziehung mit Gott kennen wir Krisen- und Wüstenzeiten.

Es stellt sich uns dabei immer wieder die Frage nach der Beziehungsfähigkeit. Warum klappen bei mir Freundschaften nicht? Warum haben wir in unserer Ehen ständig Missverständnisse und Konflikte, warum kann ich nicht vertrauen? Wer wünscht sich nicht gesunde und stabile Beziehungen, die aus einer emotionalen Gesundheit erwächst?

Von daher möchten wir gerne ein paar grundlegende Gedanken aus der Praxis der Beratung an dieser Stelle beitragen.

Was ist unter Beziehungsfähigkeit zu verstehen?

Im strengen Wortsinn meint der Begriff Beziehungsfähigkeit die Fähigkeit eines Menschen, mit einem anderen eine funktionierende Beziehung zu führen, ja sich zu binden und zu interagieren.

Dafür sind wiederum verschiedene soziale und psychologische Fähigkeiten vonnöten. Dazu zählen: Vertrauen in das Gegenüber, sich angenommen fühlen, ein respektvolles und liebesvolles Miteinander, Ehrlichkeit, Offenheit, die Fähigkeit Gefühle zuzulassen und sich angemessen zu äußern, die Bereitschaft Intimität zuzulassen, Konflikte fair auszutragen, Enttäuschungen zu verzeihen usw. Auch die Bereitschaft, sich gemeinsam mit seinem Gegenüber weiter zu entwickeln und hier und da Kompromisse einzugehen, ist elementar für die Beziehungsfähigkeit eines Menschen.

Die Grundlagen der Beziehungsfähigkeit

Die Grundlagen der Beziehungsfähigkeit werden – wie die meisten anderen sozialen Fähigkeiten – bereits im Kindesalter gelegt.

Ein Neugeborenes ist absolut auf die Zuwendung und Fürsorge eines Du`s, der Mutter oder einer anderen primären Bezugsperson angelegt. Es ist darauf angewiesen, dass seine Bedürfnisse erfüllt werden, das Bedürfnis nach Nahrung, Versorgung, Sicherheit, Ansprache, Gesehen werden, Trost, Nähe und Liebe. Nur so kann es reifen, physisch, emotional, seelisch. Es muss quasi ins Leben geliebt werden. Es entsteht eine tiefe Bindung zur Bezugsperson, die das Vertrauen ins Leben stärkt und beeinflusst. Je nachdem, wie stark und sicher das Kind diese Bindung erlebt. Im Kind wird dadurch eine innere Mitte angelegt, aus der das Kind später agieren kann. Die in den ersten drei Jahren  gemachten Erfahrungen haben entscheidenden Einfluss darauf, wie sicher oder unsicher sich das Kind später im Leben fühlt, bewegt und Beziehungen eingehen kann. Dies bestimmt seine Sicht auf das Leben.

Des Weiteren wird das Kind auch durch die Erfahrungen und das Erleben geprägt, wie es das Miteinander der Eltern erlebt und auch wie sich die Beziehung der Eltern zu ihm selbst gestaltet. Es ist eine Art Modell, an dem das Kind lernt. Werden dem Kind von klein auf funktionierende Beziehungen vorgelebt, die auf gegenseitigem Respekt basieren, so ist es sehr wahrscheinlich, dass das Kind diese Modelle als Norm auffasst und später nachahmt.

Da wir als Eltern leider nicht perfekt sind und auch nicht allzu selten aus unseren Defiziten heraus handeln werden unsere Kinder, bzw. jeder der mal ein Kind war, seine Verletzungen davon tragen und eine Mutter- und/oder Vaterwunde erleiden und in der Beziehungsfähigkeit beeinträchtigt.  Aber dies ist nicht das Ende! Veränderung und Heilung ist möglich. Andere Menschen können in unser Leben treten, die für uns zuverlässig, vertrauenswürdig und sicher sind, mit denen wir positive Erfahrungen machen können, die für uns zum Vorbild werden. Das können Großeltern, Erzieher, Lehrer, Sporttrainer etc. sein.

Auch spielen die Beziehungen zu Gleichaltrigen eine wichtige Rolle.

Heißt es doch: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen.

Sehr wertvoll ist es, wenn man schon früh in eine Beziehung zu Gott eintritt und ihn als stabilen, sicheren und vertrauenswürdigen Bindungspartner und Beziehungsgegenüber erlebt. Das bringt absolut Hoffnung in das Leben und wird die bisherige Sicht auf das Leben positiv verändern.

Werden wir konkret und stellen uns mal ein paar Fragen wie beziehungsfähig wir sind:

Diese Fragen sind bewusst allgemein gehalten. Man kann sie sich sowohl als Single als auch als Ehepartner stellen.

Also zu den Fragen:

  • Kann ich vertrauen, dass mein Gegenüber es grundsätzlich mit mir gut meint und ich mich auf ihn verlassen kann?
  • Kann ich offen sein und mein Gegenüber an meinen Gefühlen und Gedanken teilhaben zu lassen?
  • Habe ich die Bereitschaft, mich in mein Gegenüber hineinzuversetzen?
  • Habe ich die Bereitschaft Kompromisse einzugehen?
  • Kann ich Konflikteaustragen und durchstehen?
  • Bin ich bereit mich mit meinem Gegenüber weiterzuentwickeln?
  • Habe ich die Bereitschaft mein Gegenüber in seiner Andersartigkeit anzunehmen?
  • Habe ich das Vertrauen in meine eigene Fähigkeiten und das Wissen, auch alleine zurechtkommen zu können?

Wow, tiefe Fragen, oder? Es ist klar, dass wir nicht zu allen unseren Mitmenschen eine solche Tiefe an Beziehung leben können, aber wir sollten schon zumindest ein paar Menschen haben, bei denen wir dies erleben können.

Aber wenn wir ehrlich sind, haben wir alle in den einen oder anderen Bereich hier unsere Schwierigkeiten.

Auch je nachdem welche Beziehungserfahrungen wir im Erwachsenenalter gemacht haben, können diese uns negativ prägen und in unserer Beziehungsfähig beeinträchtigen.

Nun zu der guten Nachricht: Beziehungsfähigkeit kann – die Bereitschaft dazu vorausgesetzt – wieder erworben werden. Veränderung und Heilung ist möglich.

Wir mag es Dir wohl jetzt mit dem Gehörten gehen? Vielleicht siehst Du Deine Mutterwunde, wo Du in der Beziehung zu ihr schmerzlich vermisst hast. Oder Deine Vaterwunde wird Dir bewusst, wie sehr Du auf die Anerkennung Deines Vaters gewartet hast. Oder Du entdeckst Verhaltensweisen an Dir in Deinen Beziehungen/Ehe, wie Du nie werden wolltest.

Das ist dann die Chance auf Veränderung, denn jede Veränderung beginnt mit der Erkenntnis und Du kannst in einem persönlichen Prozess der Heilung eintreten, wenn Du bereit dazu bist. Dazu ist nicht immer ein allzu langer Seelsorgeweg nötig, was aber auch sein kann. In der Gemeinde bieten wir auch Sozo an, ein Heilungs- und Befreiungsdienst, wo wir für zwei Stunden gemeinsam Dein Leben vor Gott bringen und IHN hineinsprechen lassen. Zwei Stunden Deines Lebens, die sicherlich gut investiert sind. Gott liebt es, wenn wir IHN suchen und zu IHM kommen wie wir sind, damit er uns berühren kann, begegnen kann und durch seine Liebe heilen und Neues wachsen lassen kann. Dies hat dann nicht nur Auswirkungen auf unser eigenes Leben, sondern wirkt auch in unsere Beziehungen hinein.

Wenn ich mich auf die Prozesse mit Gott einlasse, meine Verletzungen und Defizite aufarbeite, kann ich innere Heilung erleben und zu einem besseren DU für meine Mitmenschen werden.

Matthias und Christiane Umbach